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  Auschwitz-Projekt
Auschwitzfahrt hinterlässt tiefe Eindrücke

Zeitzeugin Halina Birenbaum vermittelt schockierende Erlebnisse


Betroffen macht Halina Birenbaum (Mitte), Überlebende des Konzentrationslagers Auschwitz-Birkenau, die Schülerinnen und Schüler der Stufen 12 und 13 des Gymnasiums Warstein und ihre Projektleiterin Karin
Gödde, als sie hier im Stammlager vor einer Baracke von den schrecklichen
Verhältnissen während ihrer Inhaftierung berichtet.
Foto: Simon Naarmann


Hautnah erlebten die etwa 30 Schülerinnen und Schüler der Stufen 12 und 13 des Gymnasiums Warstein die menschenverachtende Behandlung der Inhaftierten in den früheren Konzentrationslagern Auschwitz. Geschichtslehrerin Karin Gödde leitete dieses Projekt nunmehr zum dritten Mal: Zusammen mit Lehrer Ferdinand Lürbke und Lehrerin Stefanie Hillebrand reiste sie für den achttägigen Aufenthalt im heutigen Oświẹcim in Richtung Polen ab – Projektwoche statt nur eines Gedenktages am 27. Januar.

Im vergangenen Jahr hatten sich die freiwilligen Gruppenteilnehmer bereits äußerst intensiv in Eigenarbeit mit Zeitzeugenliteratur auseinandergesetzt, um sich ein weiteres Bild vom Bevorstehenden zu schaffen. Die Fahrt selbst startete am Abend des 16. Januar 2004: Nach vierzehnstündiger Busfahrt betrat das Team am Samstag die Internationale Jugendbegegnungsstätte (IJBS) in Oświẹcim.

Halina Birenbaum, Überlebende des Lagers Auschwitz-Birkenau, verbrachte gemeinsam mit der Gruppe mehrere Tage in Oświẹcim – die gebürtige jüdische Polin lebt heute in Herzlia (nördlich von Tel Aviv, Israel) und hat es als eine von sehr wenigen ehemaligen Inhaftierten geschafft, frei über ihre Vergangenheit reden zu können.

Eine selbst zusammengestellte Stadtführung bildete den Anfang des Aufenthaltes: Zum Schloss, zur alten Pfarrkirche, zum Marktplatz, zur von den Deutschen angelegte „Chemikersiedlung“ zur Unterbringung von Arbeitern und zur Maximilian-Kolbe-Kirche hatten einige Jugendliche Referate vorbereitet. Außerdem begleitete sie Max Künnemann, der in der Jugendbegegnungsstätte seinen Zivildienst leistet. Am Sonntagmorgen schloss sich die Besichtigung des jüdischen Museums an, durch Synagoge und Friedhof führte Jonathan Kropp.

Eine freiwillige Besichtigung des Stammlagers Auschwitz bot Karin Gödde bereits am Sonntagnachmittag an, um in einer kleineren Gruppe einen ersten echten Eindruck zu bekommen von etwas, was sonst nur aus Unterricht, Büchern und Fernsehen bekannt ist.

Die abschreckende Wirkung des Tores mit den zynischen Worten „Arbeit macht frei“ und der monotonen zweistöckigen Steinbaracken vertiefte sich durch die schiere Menge an Bildern und Ausstellungsgegenständen, die sich darin befanden: Hunderttausende von leeren Koffern, persönlichen Häftlingsgegenständen und abgeschnittenen Haaren veranschaulichten die hier angerichteten Verbrechen. Karin Gödde konnte jede auf den ersten Blick unbedeutende Einrichtung im Lager erklären: „Diese steinerne Wand dort ist die ‚Todeswand‘, an der Häftlinge für noch so geringe ‚Straftaten‘ erschossen wurden – die Fenster am benachbarten Gebäude sind deswegen verschlagen. Trotzdem wusste jeder Insasse, dass ihm dieses Schicksal früher oder später treffen konnte, wenn er nicht an den Folgen seiner quälenden Zwangsarbeit oder am Lagerleben starb.

Als totaler Kontrast steht am Ausgang des Lagers noch heute die Villa des Lagerkommandanten Rudolf Höß – der Abstand zwischen seinem gutsituierten Privatleben und dem Ort der Qualen betrug nur wenige Meter – sowie der Galgen, an dem er nach Kriegsende hingerichtet wurde. In direkten Nachbarschaft Höß’ befand sich ebenfalls eines der Krematorien. Spätestens durch diese räumliche Nähe wurde jedem bewusst, dass es sich bei den Verbrechern nicht etwa um irgendwelche Monster, sondern um „normale“, privat möglicherweise sehr sympathische Menschen handelte.

Wie bereits einmal im Gymnasium Warstein erzählte Halina Birenbaum den Gruppenteilnehmern noch einmal ihre schreckliche Geschichte. Zusammen mit ihr kehrten die Schülerinnen und Schüler am Montag noch einmal ins Stammlager zurück, wo sie zu den verschiedenen Orten der Gedenkstätte ihre ganz persönlichen Gedanken und tragischen Erlebnisse mitteilte.

Über eine Fläche von mehr als fünf Quadratkilometern erstreckt sich das
Lager Birkenau, das die Projektteilnehmer bei eisiger Kälte hautnah erleben: Dieses Konzentrationslager war ausschließlich zur Menschenvernichtung
angelegt. Am vergangenen Dienstag jährte sich der Tag der Lagerbefreiung zum 59. Mal.

Am Dienstag betrat die Gruppe das weitaus größere Lager Auschwitz-Birkenau. Dieses ausschließlich für Menschenvernichtung konzipierte Gefängnis mit seiner Fläche von über fünf Quadratkilometern erlebten sie unter Wetterverhältnissen, die auch in der NS-Zeit keine Ausnahme waren: Stürmischer Schneefall und eisige Kälte durchquerte die Gruppe. Halina Birenbaum berichtete in ihrer ehemaligen Häftlingsbaracke vom damaligen Alltag: „Mehrere Stunden mussten wir bei Strafappellen stehen oder uns für lange Zeit hinknien, oftmals noch mit in den Händen hoch gehaltenen Steinen! Und an jedem Morgen stellt man sich die Frage ‚Wird man den Tag überleben können?‘“ Abends schloss sich eine Diskussionsrunde mit Philosoph Manfred Deselaer an, der sich mit der Verantwortung des Lagerkommandanten Höß vor Gott beschäftigt.

In Krakau sahen die Gruppenteilnehmer die – heute von Privatpersonen bewohnte – Villa des Ghetto-Kommandanten Amon Göth, die jedem aus dem Film „Schindlers Liste“ ein Begriff war.

Ein Ausflug zur Franziskanerkirche im Nachbarort schuf am Donnerstag wieder eine neue Atmosphäre: In der Krypta der Kirche befand sich die Ausstellung des ehemaligen Häftlings Marian Kollodzej, der mit dem ersten Transport ins Stammlager eingeliefert worden und nach über vier Jahren dort befreit worden war. Heute, fünfzig Jahre nach diesen schrecklichen Erfahrungen, versucht er seine Erinnerungen und sein Leben bildlich darzustellen. „Aus diesen Bildern spricht die Grausamkeit, Bodenlosigkeit und Fragwürdigkeit der Haft – apokalyptisch.“, meinte Ferdinand Lürbke.

In einer abschließenden Gesprächsrunde hatten die Schülerinnen und Schüler noch einmal am Freitagabend die Möglichkeit, sich ein weiteres Mal mit allen Beteiligten über ihre Erlebnisse auszutauschen. „Wir haben lediglich eine Stunde in einer Baracke in Birkenau gestanden, während uns Halina von der damaligen Situation berichtet hatte. Sie musste in tiefstem Winter ohne wärmende Kleidung an manchen Tagen mehrere Stunden stehen – und das als pure Schikane.“, realisierte Eva-Maria Beule.

„Dass uns dieses Mal Halina Birenbaum begleiten konnte, gibt dieser Projektfahrt gleich ein ganz anderes, ein viel persönlicheres Gesicht!“, resümierte Karin Gödde. „Mit uns hat sie auch zum ersten Mal eine deutsche Gruppe durch die Konzentrationslager geführt. Die Berichte einer solchen Zeitzeugin sind um Vieles beeindruckender als andere Führungen!“ Überhaupt erst möglich wurde diese Fahrt durch die tatkräftigen finanziellen Unterstützungen des Deutsch-Polnischen Jugendwerks (DPJW), des Versöhnungsfonds der katholischen Kirche (Renovabis), der Stiftung Erinnerung-Verantwortung-Zukunft und des Generalvikariats des Erzbistums Paderborn. Diese Woche hinterlässt tiefe Eindrücke bei allen Teilnehmern, denn so etwas wie Auschwitz darf nie wieder passieren.

Text: Simon Naarmann (teilweise in der WP veröffentlicht)