Fortbildung | „Mobbern keine Chance“ - Kollegium macht sich fit für Gegenmaßnahmen
"Eine halbe Million Mobbing-Opfer an deutschen Schulen" - so lautete die Schlagzeile vor einigen Monaten in einer großen Tageszeitung. Wenn man anderen Medienberichten Glauben schenken darf, ist die deutsche Schulszene von brutaler Gewalt geprägt: Schüler, die auf Schülerinnen einschlagen, Schülerinnen, die auf Lehrer einschlagen, Erpressung, Nötigung, Sachbeschädigung - alles, was eine gute Schlagzeile eben ausmacht.
Gewalt an Schulen ist auf der einen Seite eine nicht weg zu diskutierende Tatsache. Die Zahlen wissenschaftlicher Untersuchungen sprechen hinsichtlich von Jugendgewalt an Schulen eine andere Sprache, als die Berichterstattung der Medien vermuten lässt. Danach hat die starke Jugendgewalt an deutschen Schulen nicht nachweisbar zugenommen, was nicht bedeutet, dass es sie nicht gibt.
Auch an Schulen in Warstein gibt es nicht nur die heile Welt. In Gesprächen mit Schülern und Eltern wurde den Lehrerinnen und Lehrern des Gymnasiums bereits mehrfach die Brisanz des Mobbings deutlich vor Augen geführt. Das Repertoire dessen, was sich Schüler untereinander antun, ist vielfältig. Dazu gehören verbale Formen von Mobbing wie Beschimpfen, Beleidigen, übertriebenes Nachäffen, Auslachen, Verbreiten von Gerüchten, Anschreien, Bedrohen. Aber auch Formen der Ablehnung wie zum Beispiel die Verweigerung der Zusammenarbeit, demonstratives Abwenden und Ignorieren oder körperlich Übergriffe wie ständiges Schubsen, Schlagen, sexuelle Belästigungen oder Übergriffe tauchen in den Schilderungen von Mobbingopfern auf. Zudem werden Sachen versteckt und/oder zerstört, erniedrigende oder entwürdigende Handlungen vorgenommen wie Erpressung oder Videos vom Ablauf der Belästigungen aufgenommen und über Handy verbreitet.
Es mag zwar schwer vorzustellen sein, aber die Mobbinghandlungen bleiben in der Regel lange Zeit unerkannt. Weder Eltern noch Lehrer nehmen sie wahr, noch wenden sich die Opfer an sie, weil sie in der Regel stark eingeschüchtert wurden. Wenn Eltern oder Lehrer in Kenntnis gesetzt werden, dann hat das Opfer in der Regel bereits eine lange Leidenszeit hinter sich. Hilfestellungen sind in solchen Fällen dann einerseits sehr dringend, andererseits sehr schwierig.
Auf dem Hintergrund solcher Beobachtungen und Erfahrungen ergründete das Kollegium des Gymnasiums Warstein jetzt die Umstände, unter denen Mobbing stattfindet, um den Ursachen auf die Spur zu kommen.
Auf Einladung des Gymnasiums Warstein referierte im Rahmen einer schulinternen Fortbildung des Kollegiums Mustafa Jannan vom Gymnasium Schmallenberg über Theorie und Praxis des Mobbings. Anschließend stellte er seinen Warsteiner Kolleginnen und Kollegen sein System der Anti-Mobbing-Arbeit vor, das aus aufeinander aufbauenden Stufen besteht. Anti-Mobbing-Arbeit kann demnach auf drei Ebenen stattfinden: Auf Schulebene, d.h. unter Einbeziehung aller Beteiligten (Lehrer, Schüler und Eltern), auf Klassenebene, das ist die Arbeit der Fachlehrer und/oder Klassenlehrer mit den Schülern einer Lerngruppe und auf individueller Ebene, heißt einzeln mit Mobbing-Opfern und Mobbing-Tätern sowie deren Eltern. Beeindruckt von den Einblicken in die Zusammenhänge beschlossen die Lehrerinnen und Lehrer zunächst einmal mehrere kleinere Maßnahmen, um rechtzeitiger von Mobbingfällen zu erfahren und um sich konsequent einmischen zu können. Eltern und die Schülerinnen und Schüler sollen zudem für diese Problematik sensibilisiert und gemeinsam mit ihnen sollen weitere Gegenmaßnahmen auf den Weg gebracht werden. Das Lehrerkollegium war sich einig: man will Mobbern am Gymnasium konsequent entgegengetreten und den Opfern bei der Bewältigung ihrer Probleme helfen. 20.02.2008
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